Wissenswertes

Angst-Spannungs-Schmerz-Kreislauf: Warum Angst kein guter Geburtsbegleiter ist

Angst ist in erster Linie ein Gefühl und ein Begleiter in vielen Lebenssituationen, aber während der Geburt kann sie zu einem Problem werden. Warum? Ich erkläre es dir. 

Der sogenannte Angst-Spannung-Schmerz-Kreislauf, bekannt durch Dr. Grantly Dick-Read, beschreibt, wie Angst zu einem Teufelskreis aus Anspannung und Schmerz führen kann. Kurzgefasst sagt er aus: Angst verursacht Verspannung, diese Verspannung führt zu Schmerz und der Schmerz verstärkt wiederum die Angst – ein Kreislauf, der den natürlichen Geburtsverlauf erschweren kann.

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Wie Angst deine Geburtsarbeit beeinflusst

Deine Gebärmutter besteht aus Muskelschichten, die sich während der Wehen in rhythmischen Kontraktionen an- und entspannen, um den Muttermund zu öffnen und die Geburt voranzubringen. Angst kann jedoch dazu führen, dass deine Muskeln verkrampfen und anhaltend angespannt bleiben. Wenn das Gewebe durch die Anspannung nicht optimal durchblutet wird, erhält der Muskel weniger Sauerstoff, was die Schmerzen verstärken kann. Durch diese Schmerzen wird die Angst verstärkt und der Kreislauf beginnt von Neuem.

Aber schauen wir uns noch genauer an, was im Körper passiert …

Unser Nervensystem und seine Rolle bei der Geburt 

Das autonome Nervensystem (ANS) steuert automatisch und unbewusst viele lebenswichtige Funktionen in unserem Körper wie Herzschlag, Atmung und Verdauung. Es besteht aus zwei Hauptanteilen:

  • Dem Sympathikus, der den Körper aktiviert und auf Leistung vorbereitet („Kampf-oder-Flucht“-Reaktion), und dem Parasympathikus, der für Entspannung und Regeneration sorgt („Ruhe-und-Verdauungs-Modus). Das ANS reguliert so das innere Gleichgewicht des Körpers und reagiert flexibel auf verschiedene Belastungen und Anforderungen, wie z.B. die Geburt.

Während der Geburt ist es der Parasympathikus (Entspannung), der den Geburtsverlauf positiv unterstützt, indem er deinem Körper hilft, zu entspannen und den Muttermund zu öffnen. Gewinnt jedoch der Sympathikus die Oberhand, wird der Körper aktiviert – was bei Angst der Fall ist. Das kann zu Verspannung führen und den natürlichen Geburtsverlauf blockieren. 

Die Rolle des Gehirns 

Unser Gehirn ist in verschiedene Bereiche unterteilt:

1. Hirnstamm: der älteste Teil unseres Gehirns und der Ort unserer Hirnanhangdrüse (Hypophyse). Sie ist für die Freisetzung von wichtigen Hormonen verantwortlich, wie unserem Oxytocin.

2. Großhirnrinde(Cortex cerebri): Hier findet unser rationales Denken statt. Während der Geburt, insbesondere beim Übergang von der Latenzphase zur aktiven Geburtsphase, wird die Aktivität gedrosselt. Das hilft, vom Denken ins Fühlen zu kommen und sich auf die Intuition einzulassen. 

Hormone als Geburtshelfer:
Die hormonelle Balance ist während der Geburt entscheidend. O x y t o c i n, das für effektive Geburtswehen sorgt und E n d o r p h i n e, die schmerzlindernd wirken, unterstützen den Geburtsverlauf. Unser Hormonsystem ist aber sehr störanfällig, vor allem während der Latenzphase. 

Störfaktoren unter Geburt:

Der „hypnotische Geburtszustand“, in dem du dich als Gebärende auf deine Wehen und den Geburtsprozess konzentrieren kannst, ist sehr sensibel gegenüber äußeren Einflüssen. Stress, häufige Unterbrechungen, grelles Licht, laute Geräusche und kühle Temperaturen können diesen Zustand schnell stören und den Sympathikus aktivieren. Auch Schamgefühl und ein Gefühl der Beobachtung können zu einer erhöhten Wachsamkeit und Anspannung führen.

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Positiven Einfluss nehmen: Unterstützung für eine entspannte Geburt

Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, deinen Geburtsverlauf positiv zu unterstützen und in die Entspannung zu kommen:

  • Entspannungsübungen und Atemtechniken: Bewusste Atmung und Entspannungstechniken helfen, deinen Körper in den Ruhemodus zu bringen.
  • Positive Visualisierungen und Affirmationen: Gedankenbilder und bekräftigende Sätze können dir helfen, dich auf die Geburtsarbeit einzulassen und Vertrauen in deinen Körper zu gewinnen.
  • Meditation und Hypnose: Kopfhörer mit entsprechenden Meditationen und Selbsthypnosen können dich dabei unterstützen, in deinem „hypnotischen Geburtszustand“ zu bleiben.
  • Unterstützung durch die Begleitperson: Leises Sprechen, Ja-Nein-Fragen und das Nutzen der Wehenpausen können dir helfen, dich nicht aus deiner Konzentration zu reißen. Einfache Fragen wie „Möchtest du etwas trinken?“ oder „Ist die Massage angenehm?“ ermöglichen es dir, kurz zu reagieren, ohne aus dem Geburtsprozess herauszukommen.
  • Schaffung einer ruhigen Atmosphäre: Gedimmtes Licht, eine geringe Anzahl von Anwesenden im Raum und ein ruhiges Umfeld schaffen eine Atmosphäre, die den Geburtsverlauf begünstigt.
  • Vertraute und kontinuierliche Begleitung: Eine Hebamme, die du bestenfalls bereits seit der Schwangerschaft kennst und zu der ein Vertrauensverhältnis hast, begleitet dich bei deiner Geburt. 
  • Weitere Hilfsmittel zur Entspannung: Musik, warme Tücher, ein ruhiger Raumduft oder das Tragen von bequemer Kleidung können dazu beitragen, dass du dich wohlfühlst.
  • Geburtsvorbereitung: tiefes Verständnis für Abläufe im Körper und wie man durch seine Umgebung Einfluss darauf nehmen kann.
  • Gesunde Ernährung und Bewegung während der gesamten Schwangerschaft: Ein gesunder Körper ist ein wesentlicher Bestandteil der natürlichen Geburt
  1. Foto: Julia Berg ↩︎
  2. Foto: heyaprildelafuente ↩︎

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